Hafenkino in Rhodos – Gastbeitrag

Thomas-Blasche-Fotodesign

© Thomas Blasche Fotodesign – http://www.natur-photocamp.de

Hafenkino in Rhodos

von Axel Düllberg

In meinem Seglerleben habe ich schon so manches Hafenkino geboten bekommen und beruflich bedingt auch schon die eine oder andere Story gehört, die mal mehr mal weniger glaubhaft war.
Das Hafenkino welches sich mir an einem Julitag im Yachthafen Mandraki auf Rhodos bot, hätte ich sicherlich nicht für möglich gehalten, wenn ich es nicht selber miterlebt hätte. Glauben kann ich es eigentlich immer noch nicht, aber es ist tatsächlich so geschehen.
Wer den Hafen auf Rhodos kennt, der weiß dass Liegeplätze rar sind und man meist in zweiter oder dritter Reihe „parken“ muss. Vor allen an den Übergabetagen der Charterfirmen ist es sehr voll.
Eine russische Crew hat deshalb offensichtlich vorgesorgt und einen Liegeplatz direkt am Hauptkai reserviert. Offiziell geht das zwar nicht, aber mit ein paar Scheinchen extra lässt sich da was organisieren. Der Meltemi blies mit 3-4 Bft und machte das Anlegen zugegebener Maßen etwas schwieriger. Aber im südlichen Teil des Hafens war viel Platz zum Manövrieren. Der Hafenmeister stand am freien Liegeplatz und machte wild gestikulierend auf sich aufmerksam. Die Crew auf der 45 Fuß Yacht leitete daraufhin das Anlegemanöver ein und schlug das Ruder hart ein bis der Bug im Wind stand. Rückwärtsfahren mit dem Wind ist was für Fortgeschrittene und verlangt eine gewisse Fahrt im Schiff. Die Crew hatte aber weder Fahrt aufgenommen noch schien sie fortgeschritten zu sein. Dafür waren alle ganz entspannt. Nur der Hafenmeister wurde unruhig als er sah, dass der Bug vom Wind rumgedrückt wurde und die Yacht quer auf die anderen Yachten zutrieb. Und so kam was kommen musste: Die Bavaria 45 hing quer vor den anderen Yachten am Kai. Ankerketten spannten, Crews liefen hektisch nach vorne, der Hafenmeister gab lautstarke Anweisungen. Nur die russische Crew blieb erstaunlich entspannt. Hilfe nahte in Form eines kleinen aber PS starken Bootes, dass die Yacht gegen den Wind wieder freischleppen konnte.

Nach der Panne des ersten Versuchs schien der Crew nun klar zu sein, dass man einfach etwas schneller fahren musste. Mit dem entsprechenden Speed kommt Ruderdruck und man kann die Yacht in die gewünschte Richtung steuern. Die Yacht nutzte diesmal den reichlich vorhandenen Platz aus, wendete schon frühzeitig und fuhr beherzt auf den Liegeplatz zu. Das sah ganz gut aus. Bis auf den Speed. Viel zu schnell „schoss“ die 13 Tonnen Yacht nun rückwärts auf die Lücke zu. Durch den ersten Anlegeversuch waren die anderen Crews der Nachbaryachten gewarnt und standen mit Fendern bewaffnet am Bug um „Schlimmeres“ zu verhindern. Und das war auch gut so.

Eine zu große Steuerbewegung führte dazu, dass der Bug nach Steuerbord und das Heck somit nach Backbord ausbrach. Mit geschätzten 5-6 Knoten schlug das Heck der Bavaria am Bug der daneben liegenden Jeanneau ein. Nur abgefangen durch einen Kegelfender. Drei der fünf Crewmitglieder auf der Jeanneau wurden durch die Wucht des Aufpralls von den Füßen gerissen, der Bug der Yacht wurde heftig nach links versetzt und prallte auf die daneben liegende Yacht. Klock, klock, klock machte es. Wie Dominosteine prallten die Yachten aufeinander bis die Ankerketten spannten und weit aus dem Wasser kamen.
Durch den Aufprall und die immer noch schnelle Rückwärtsfahrt wurde das Heck der Bavaria nun nach Steuerbord geworfen. Noch während sich der Dominoeffekt auf der Backbordseite fortsetzte, krachte das Heck der Bavaria diesmal mit einem lauten „Rums“ ca. Mittschiffs in eine 40 Fuß Motoryacht auf der Steuerbordseite. Auch die Crew der Fairline Phantom hatte zum Glück Fender parat und konnte so das Schlimmste verhindern. Dennoch war die Energie groß genug um auch das schwere Motorboot wiederrum gegen dessen Nachbarlieger zu drücken.
Von Aufstoppen schien die Crew noch nichts gehört zu haben. Es krachte zum dritten Mal als die Bavaria mit immer noch beachtlicher Geschwindigkeit gegen die Kaimauer stieß. Nun lag das Schiff an dem zugedachten Platz. Geht doch. Die Crew begann damit die Festmacherleinen aus den Backskisten zu holen. Keinen Augenblick zu früh. Dann kam das letzte Kommando des Skippers: „Lass fallen Anker“!

Text: © Axel Düllberg – Yacht Charter Chartertransparenz

Bildquelle: Thomas Blasche Fotodesign